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160 Jah­re See­not­ret­ter auf Nord- und Ost­see – Grün­dung der DGzRS am 29. Mai 1865

160 Jahre Seenotretter

Raus­fah­ren, wenn an­de­re rein­kom­men: 160 Jah­re See­not­ret­ter auf Nord- und Ost­see. Die Deut­sche Ge­sell­schaft zur Ret­tung Schiff­brü­chi­ger (DGzRS) wur­de im Mai 1865 ge­grün­det

Sturm tobt über Nord- und Ost­see. Wel­len tür­men sich me­ter­hoch auf. Ge­wal­ti­ge Bre­cher ge­fähr­den al­le, die auf dem Meer un­ter­wegs sind. Wenn an­de­re Schif­fe schüt­zen­de Hä­fen an­lau­fen, fah­ren die See­not­ret­ter raus zum Ein­satz, seit nun­mehr 160 Jah­ren. Seit Grün­dung der Deut­schen Ge­sell­schaft zur Ret­tung Schiff­brü­chi­ger (DGzRS) am 29. Mai 1865 hat sich vie­les ver­än­dert. Doch da­mals wie heu­te sind die See­not­ret­ter frei­wil­lig, un­ab­hän­gig und spen­den­fi­nan­ziert im Ein­satz – dank brei­ter Un­ter­stüt­zung vie­ler Men­schen.

 Bei Nacht kol­li­die­ren in der Deut­schen Bucht zwei Frach­ter, ei­ner sinkt in­ner­halb kür­zes­ter Zeit. West­lich von War­ne­mün­de ge­rät ein Tan­ker in Brand, sie­ben See­leu­te sind in Le­bens­ge­fahr. In der Ems­mün­dung stürzt ein Lot­se über Bord. Bei Bü­sum müs­sen zwei Fi­scher ih­ren bren­nen­den Kut­ter ver­las­sen. Na­he Feh­marn bricht auf ei­nem Bag­ger­schiff ein See­mann plötz­lich zu­sam­men. Zwi­schen Juist und Nor­der­ney wird die fest­ge­kom­me­ne Se­gel­yacht ei­ner sechs­köp­fi­gen Fa­mi­lie zum Spiel­ball der ge­fähr­li­chen Bran­dung. Vor Rü­gen ken­tert ei­ne Jol­le mit Va­ter und Sohn an Bord. Bei Spie­ker­oog schnei­det die auf­lau­fen­de Flut Watt­wan­de­rern den Weg zu­rück ans Fest­land ab. – Hin­ter der­ar­ti­gen Schlag­zei­len ste­hen her­aus­for­dern­de Ein­sät­ze der See­not­ret­ter.

Im­mer wenn Men­schen in den deut­schen Ge­bie­ten von Nord- und Ost­see in Ge­fahr sind, fah­ren die Be­sat­zun­gen der DGzRS raus – rund um die Uhr und bei je­dem Wet­ter. Et­wa 1.000 See­not­ret­ter, rund 800 da­von Frei­wil­li­ge, sind mit 60 See­not­ret­tungs­kreu­zern und -boo­ten auf 54 Sta­tio­nen zwi­schen Bor­kum im Wes­ten und Uecker­mün­de im Os­ten stän­dig ein­satz­be­reit.

Die DGzRS ist zu­stän­dig für den ma­ri­ti­men Such- und Ret­tungs­dienst im See­not­fall (SAR-Dienst, SAR = Search and Res­cue). Die von ihr be­trie­be­ne deut­sche Ret­tungs­leit­stel­le See, das Ma­ri­ti­me Res­cue Co-or­di­na­ti­on Cent­re (MRCC) Bre­men, ko­or­di­niert sämt­li­che Maß­nah­men nach in­ter­na­tio­nal ver­bind­li­chen Stan­dards. MRCC Bre­men über­wacht zu­dem im See­funk die welt­weit ein­heit­li­chen Not­funk­fre­quen­zen.

Die DGzRS führt den SAR-Dienst seit 160 Jah­ren un­ab­hän­gig, ei­gen­ver­ant­wort­lich und auf pri­va­ter Ba­sis durch. Sie blickt auf ei­ne be­weg­te – und be­we­gen­de – Ge­schich­te zu­rück. Vom ein­fa­chen Ru­der­ret­tungs­boot zum hoch­mo­der­nen See­not­ret­tungs­kreu­zer war es ein lan­ger Weg. Gro­ße Tra­di­ti­on und mo­derns­te Tech­nik ge­hen bei den See­not­ret­tern Hand in Hand.

 Be­weg­te – und be­we­gen­de – Ge­schich­te

Mit­te des 19. Jahr­hun­derts ge­rie­ten Jahr für Jahr mehr als 50 Schif­fe al­lein vor den deut­schen Nord­see­inseln in See­not. Man­geln­de Or­ga­ni­sa­ti­on und Aus­rüs­tung so­wie das zum Teil noch aus­ge­üb­te Strand­recht er­schwer­ten in vie­len Fäl­len die Ret­tung Schiff­brü­chi­ger. Die Men­schen an der Küs­te be­trach­te­ten See­not lan­ge Zeit als un­ab­wend­ba­res Schick­sal.

Von der­ar­ti­gen Ka­ta­stro­phen be­wegt, for­der­ten der Ve­ge­sa­cker Na­vi­ga­ti­ons­leh­rer Adolph Berm­pohl und der Ad­vo­kat Carl Kuhl­may 1860 in ei­nem Ap­pell an die Be­völ­ke­rung erst­mals die Grün­dung ei­nes See­not­ret­tungs­werks in Deutsch­land, fi­nan­ziert durch Spen­den. Sie fan­den Mit­strei­ter in dem Bre­mer Re­dak­teur Dr. Ar­wed Em­ming­haus und dem Em­der Ober­zoll­in­spek­tor Ge­org Breu­sing. Un­ter Breu­sings Füh­rung grün­de­te sich in Em­den be­reits 1861 der ers­te re­gio­na­le Ver­ein zur Ret­tung Schiff­brü­chi­ger an der ost­frie­si­schen Küs­te. Wei­te­re Ver­eins­grün­dun­gen er­folg­ten ent­lang der Küs­te. Am 29. Mai 1865 schlos­sen sich die ein­zel­nen re­gio­na­len Ver­ei­ne in Kiel zur Deut­schen Ge­sell­schaft zur Ret­tung Schiff­brü­chi­ger (DGzRS) zu­sam­men. Da­mit wa­ren die Weg­be­rei­ter ei­nes ein­heit­li­chen und un­ab­hän­gi­gen deut­schen See­not­ret­tungs­werks am Ziel. Sitz der DGzRS wur­de Bre­men.

Heu­te fah­ren die See­not­ret­ter Jahr für Jahr rund 2.000 Ein­sät­ze auf Nord- und Ost­see – für See­leu­te, die Fi­sche­rei, Pas­sa­gie­re von Fäh­ren und Fahr­gast­schif­fen, den Was­ser­sport und Fe­ri­en­gäs­te glei­cher­ma­ßen. Deutsch­land ist ma­ri­tim ge­prägt. Die meis­ten Wa­ren und Gü­ter wer­den über See ge­han­delt. Nord- und Ost­see sind auch Or­te der Frei­zeit und Er­ho­lung. Kon­stant ho­he Ein­satz­zah­len be­le­gen, dass die See­not­ret­ter trotz si­che­rer ge­wor­de­ner Schiff­fahrt wich­ti­ger sind denn je. Im­mer mehr und im­mer grö­ße­re Schif­fe sind in den oh­ne­hin dicht be­fah­re­nen Re­vie­ren auf Nord- und Ost­see un­ter­wegs.

Seit der Grün­dung vor 160 Jah­ren zählt die Sta­tis­tik der DGzRS mehr als 87.000 Ge­ret­te­te – und vie­le un­ge­zähl­te Men­schen mehr, de­nen die See­not­ret­ter schnell und un­bü­ro­kra­tisch ge­hol­fen ha­ben. Al­ler­dings: 45 Ret­tungs­män­ner sind im selbst­lo­sen Dienst der DGzRS ums Le­ben ge­kom­men.

150 Jah­re Sam­mel­schiff­chen

Für die Frei­wil­lig­keit des Ein­sat­zes auf See eben­so wie für die frei­wil­li­ge Fi­nan­zie­rung durch Spen­den nicht nur von der Küs­te, son­dern auch aus al­len Tei­len des Bin­nen­lan­des steht seit je­her das Sam­mel­schiff­chen der See­not­ret­ter. Deutsch­lands wohl be­kann­tes­te Spen­den­do­se hat eben­falls ei­ne lan­ge Tra­di­ti­on: Es gibt sie be­reits seit 150 Jah­ren.

Heu­te sind rund 13.000 Sam­mel­schiff­chen an vie­len öf­fent­li­chen Or­ten zwi­schen der Wa­ter­kant und dem Al­pen­rand im Ein­satz. Sie zei­gen, dass die ge­sam­te sat­zungs­ge­mä­ße Ar­beit der DGzRS nach wie vor aus­schließ­lich durch Spen­den und frei­wil­li­ge Bei­trä­ge fi­nan­ziert wird – oh­ne jeg­li­che staat­lich-öf­fent­li­che Mit­tel zu be­an­spru­chen. Schirm­herr der See­not­ret­ter ist der Bun­des­prä­si­dent..